Vikar Maximilian Braisch (MB) sprach mit der Mediascher Kantorin Edith Toth (ET)
Edith Toth kam im Jahre 1999 als Organistin nach Mediasch. Seit nunmehr 26 Jahren steht sie im Mittelpunkt eines reichen musikalischen Lebens in der Kirchengemeinde. Nicht nur, dass sie regelmäßig die Gottesdienste durch ihr Orgelspiel mitgestaltet, sie organisiert und leitet darüber hinaus zwei Musikformationen, den Familienchor und das Oktett, und organsiert zusammen mit dem Team der Gemeinde zahlreiche musikalische Aktivitäten für Kinder und Jugendliche. Mit diesen werden Jahr für Jahr drei Aufführungen dargebracht, ein Musical im Rahmen der sommerlichen Kinderbibeltage, ein Musical in der Vorweihnachtszeit und ein Krippenspiel zur Weihnachtszeit. Über ihre Leistungen bei der Gestaltung des Orgelsommers wurde schon andersweitig ausführlich berichtet. Um unseren Lesern einen Blick in die musikalische Welt von Edith Toth zu vermitteln, veröffentlichen wir an dieser Stelle ein Interview, das sie dem Vikar Maximilian Braisch für den Gemeindebrief „Schritte“ im Sommer 2024 gewährt hat.

Edith Toth im Zwiegespräch mit dem Engel an der Tobsdorfer Orgel.
(MB) Die Wachsmann-Orgel, die landläufig „die Tobsdorfer“ genannt wird, weil sie dort über 200 Jahre lang ihren Lebensmittelpunkt hatte, obwohl sie gebürtige Birthälmerin ist (*1731), nimmt nun seit einem halben Jahr ihren dritten Wohnsitz ein: am Kopfende des nördlichen Seitenschiffes der Mediascher Kirche. Wie findest Du, liebe Edith, die Du dadurch deren hauptamtliche Bespielerin geworden bist, hat sie sich da eingelebt?
(ET) Oh, es geht ihr prächtig – und uns mit ihr auch! Es waren zwar streng genommen nur drei Monate, die wir bisher miteinander verbracht haben, dadurch, dass die Gottesdienste zwischen Altjahresabend und Karfreitag wegen der Kälte ins Gemeindehaus verlegt wurden; aber wenn, dann haben wir sie mit all ihren Vorzügen genutzt und uns an ihr gefreut.
(MB) Kannst Du ein paar Höhepunkte dieser Flitterwochen nennen?
(ET) Die eigentliche Hoch-Zeit am Samstag, dem 14. Oktober 2023, war das bislang erhebendste Ereignis, als sie mit Streich- und Blasinstrumenten und Chor zusammen erklang und von vielen neugierigen wie wohlgesonnenen Gästen bestaunt wurde…
(MB) …von mehreren verschiedenen Händepaaren betastet, aus vielen Mündern gelobt und fachmännisch begutachtet. Liebevoll wurde an die gesamte Biographie erinnert, außerdem haben sie zig Augenpaare beschaut und ebenso viele Ohrenpaare ihr gelauscht… JA, das ist wirklich eine würdevolle ‚Trauung‘ gewesen! Wer hat sich aber seitdem an sie herangetraut?
(ET) Beim Ökumenischen Konzert am 13. Dezember waren sicherlich noch mehr Menschen anwesend; damals haben wir sie eingesetzt und es war sehr hilfreich für die Chöre der Adventisten und der pfingstlerischen Gemeinde zum Beispiel, eine große Orgel in erreichbarer Nähe zu haben. Danach schickten wir sie bald in den Winterschlaf und das nächste besondere Ereignis war dann am 1. April, dem Ostermontag: unser Familienchor hatte sich wochenlang mit dem „Osterdialog“ von Heinrich Schütz beschäftigt – sehr anspruchsvoll! Dann haben wir uns am Aufführungstag vor dem Gottesdienst zum ersten Mal um die Orgel herum gruppiert, so wie ich mir das vorgestellt hatte, und es ging gleich ganz anders, der Chor war richtig eingebettet…
(MB) Na wie, war nicht eher die Orgel in den Chor eingebettet? Optisch zumindest…
(ET) …nein, nein, ich meine doch klanglich…! Ich finde nämlich vor allem den Klang dieser Orgel so beeindruckend! Sie nimmt den Chor auf, hatte ich wirklich das Gefühl. Und sie ist für die Choristen und für die Gemeinde gleichermaßen sehr gut hörbar.
(MB) Fügt sie sich also gut ein in den Bogen, dort wo sie nun steht?
(ET) Absolut!
(MB) Ist sie nicht zu versteckt?
(ET) Bei den Online-Übertragungen der Gottesdienste wirkt sie oft zu laut, ich versuche mich da deswegen zurückzuhalten, so stark ist sie! Oben auf der Schneiderempore, wo sie ursprünglich stehen sollte, könnte ich diese Orgel sehr wenig verwenden. Da unten ist sie absolut praktisch. Das war meine Idee, weil ich gesagt habe, ich will sie auch benutzen, nicht nur zum Schönstehen haben! Die besondere Atmosphäre dieses Seitenschiffes war mir einmal vor Jahren bei einer Andacht bewusst geworden, als an dieser Stelle noch der Tobsdorfer Altar stand und ich dort davor über die Matthäuspassion von Bach sprach… vielleicht kam mir daher die Idee.
(MB) Die Matthäuspassion, die genau in den gleichen Jahren entstand wie diese Orgel… Ob das ein Zufall ist?
(ET) Na, sicher nicht! Aber auch wenn früher der Chor ab und zu von dieser Stelle sang, klang das sehr gut.
(MB) Allein schon durch ihren Standort „singt sie also mit, wenn alles singt“ – sehr schön! (So das Motto unserer „Schritte“.)
(ET) Richtig, es ist kurz gesagt unheimlich praktisch, sie hier zu haben.
(MB) Gibt die Tobsdorfer Orgel denn an sich Vorteile her, die Du vorher nicht hattest?
(ET) Nein, das nicht direkt. Auf unserer schönen Hahn-Orgel oben, die seit 1756 hierhergehört, kann ich mich natürlich mehr entfalten mit zwei Manualen und Pedal. Im Vergleich der Möglichkeiten schneidet sie eindeutig besser ab. Die Tobsdorfer hat ja nur ein einziges Manual und das mit kurzer Oktave – da ist man eher eingeschränkt, was das Repertoire anbetrifft. Sie geht außerdem viel schwerer, weil pro Taste zwei bis drei Ventile geöffnet werden müssen, da ist viel Mechanik dahinter. Dabei wurde sie nur 25 Jahre früher erbaut.
(MB) Hat diese Technik gelitten während der dreimonatigen Pause? Ich hoffe, nicht?
(ET) Doch, sie hat jetzt ein paar Hänger. Aber das ist nicht erstaunlich, so kurz nach dem Umzug; die gehen auch wieder weg, vor allem wenn ich mal mit allen Registern durchpuste. Ich sehe es am 2-Fuß, der sich zuletzt noch nicht gefangen hatte. So Problemchen hat man immer wieder.
(MB) Hat die Hahnorgel solche auch?
(ET) Nein, diesen Winter nicht; manchmal kriegt sie was im Sommer ab, wenn es zu heiß ist. Aber die ist eben auch schon richtig eingelebt in dieser Kirche.
(MB) Und noch einen Vorteil hat die obere Orgel: sie hält Dich fit durch den langen Weg zu ihr, den Du manchmal mehrfach pro Gottesdienst zurücklegst, nicht wahr?
(ET) Ja, kann man so sagen; wobei ja gerade das der Verdienst beider Orgeln zusammen ist, weil sie mich jeweils zu etwas Anderem verleiten! Die Organisten, die im Sommer kommen, werden auch alle beide benutzen.
(MB) Hast Du das ihnen heuer etwa zur Bedingung gemacht?
(ET) Nein, nein, sie wollen das selber. Viele freuen sich nun umso mehr, hier zu konzertieren, dem ein oder anderen kribbelt es schon in den Fingern. Organisten mögen die Wachsmann! Was mir persönlich noch sehr gut gefällt an ihr, ist das Prospekt mit diesen Engeln und den Dämonen – sie sind in gleichem Maße präsent in den Verzierungen. Zu fast jedem Engel gehört auch solch eine Fratze (ich weiß nicht, ob man ihnen ‚Monster‘ sagen kann).
(MB) Ja, ich habe damals bei der Einweihung Interpretationen dazu gehört… Dich inspirieren sie, die Dämonen?
(ET) Nein, aber ich sage: Das Leben ist immer Gleichgewicht, also irgendwo hinter dem Guten ist auch das Schlechte. Wir können das nicht voneinander trennen. Und dennoch musst du dich ja immer entscheiden als Mensch: Welchen Weg gehe ich? Schreie ich die Kinder an oder bin ich nochmal geduldig mit ihnen? Da ist die Philosophie, die dahintersteht, wirklich interessant. Ich nehme zumindest an, es ist etwas dahinter; was wiederum wir so auslegen, wie es zu uns passt, natürlich! Ein bisschen lustig ist es nämlich auch: unter den beiden Cherubinen rechts und links sieht man sowas wie Vogelscheuchen. Außerdem sind aber auch die Vögel abgebildet, vor denen jene das Getreide und die Früchte schützen – sie sollen an diese Nahrung nicht dran!…
(MB) …ach, ich dachte, das seien Singvögel?!…
(ET) …genau, da ist sie ja wieder, diese Dialektik! (Wie stramm! Das Gute und das Schlechte gehören eben zusammen.) Aber es gibt außer dem Trompeter ganz oben nur einen Engel ohne Pendant: und zwar den, der direkt auf den Orgelspieler herabschaut. Jemand fragte mich deshalb: „Na, wenn das ein Engel ohne Partner ist – vielleicht ist dann der Organist…?“ (lacht schelmisch…)
(MB) Oh, da möchte ich jetzt nicht mitspekulieren. Aber immerhin wäre dann Deiner eigenen Dialektik-These zufolge doch auch noch etwas untrennbar Gutes in Dir! In diesem Sinne freuen wir uns also auf abwechslungsreiche Zeiten, in denen möglichst oft mit allen beiden Orgeln in dieser Kirche gefeiert wird.
(ET) Ja, wir können schon bald 300jähriges Jubiläum feiern…
(MB) Oho, dazu fehlen immerhin noch sieben Jahre, dann wünsche ich also: sieben fette Jahre bis dahin! Danke, liebe Edith, für dies Gespräch!
Edith Toth, wie sie leibt und lebt, in der Mediascher Margarethenkirche







Konzert des Familienchors der Mediascher Kirchengemeinde am 19. Mai 2025 unter der Leitung von Edith Toth.