50 Jahre „Orgelsommer“ in der evangelischen Kirche in Mediasch
Von Hansotto Drotloff
In diesem Jahr ist es der evangelischen Kirchengemeinde in Mediasch vergönnt, ein ganz besonderes Jubiläum zu feiern: Vor 50 Jahren wurde zum ersten Mal eine sommerliche Konzertreihe gestartet, für die sich bald der Name „Orgelsommer“ etablierte.
Zwar lässt sich eine Geschichte dieser Veranstaltungen aus Mangel an systematischen Aufzeichnungen nicht nachzeichnen. Soviel jedenfalls ist verbürgt, dass Rosemarie Wagner, die von 1970 bis 1991 Organistin an der Margarethenkirche war, im Sommer 1975 die Idee hatte, regelmäßige Orgelkonzerte für das Mediascher Publikum anzubieten. Die Konzerte wurden am Montag Abend angeboten und in jenen frühen Jahren von Organisten aus Rumänien bestritten. Man kann heute nicht mehr nachvollziehen, wie viele Konzerte pro Saison angeboten wurden, anfangs nur in den Monaten Juli und August, und sicher waren es deutlich weniger Konzerte als heute. Sie stellten jedoch eine wertvolle Bereicherung des kulturellen Lebens der ganzen Stadt dar.
Die von Rosemarie Wagner begründete Tradition wurde von Crista Klein (1991-1995) und Erich Türk (1995-1999) weiter gepflegt und dann von der Organistin und Kirchenmusikerin Edith Toth übernommen. In unseren Tagen geht die Saison von Juni bis Oktober, wobei nicht nur jeden Montag ein Konzert stattfindet, sondern oft auch ein oder mehrere Konzerte an dem einen oder anderen Wochentag. Beginnend mit dem Jahr 2007 hat Edith Toth, entsprechend ihren breiten musikalischen Interessen, das Profil des „Orgelsommers“ verbreitert, so dass nun neben Organisten viele andere Musiker ihre Kunst in der Mediascher Kirche darbieten können. 2025 sind insgesamt 25 Konzerte geplant, darunter neun Orgelkonzerte, daneben treten kleiner Kammerensembles und auch größere Orchester, Chöre und verschiedene Instrumentalsolisten auf.
Konnte man in der Zeit vor 1990 nur Organisten aus Rumänien einladen, so ist die Bühne heute offen für Künstler aus aller Welt. Edith Toth, in der musikalischen Welt gut vernetzt, gelingt es zahlreiche Künstler aus nah und fern nach Mediasch einzuladen. In der laufenden Saison treten zum Beispiel auf: das Vokalensemble Konstanz, der Jugendchor aus Markkleeberg, das Jugendsinfonieorchester Bremen, der Chor „Gloria Dei“ Klausenburg und im Abschlusskonzert am 8. Oktober der Mediascher Kammerchor, dirigiert von Hans Leber.

An dieser Stelle wollen wir jemanden zu Wort kommen lassen, den wir für berufen halten, eine etwas allgemeinere Bewertung der Bedeutung des Mediascher „Orgelsommers“ auszusprechen – Pfarrer Gerhard Servatius-Depner, den wir auch schon als vielseitigen Musiker kennen gelernt haben. Ihm kam die Ehre zu, die diesjährige Saison mit einer kurzen Ansprache am 9. Juni 2025 zu eröffnen.

Ansprache von Pfarrer Gerhard Servatius-Depner zum Eröffnungskonzert des „Orgelsommers 2025“
Der „Mediascher Orgelsommer“ lockt seit einem halben Jahrhundert (1975) nationale und internationale Künstler in unsere kleine siebenbürgische Stadt Mediasch/Mediaş. Es war keine einfache Zeit damals, unter anderem weil sich die Kirche und das Kastell auch in Renovierungsarbeiten befand. Nicht immer klappte es darum mit der Orgelmusik. Darüber hinaus gibt es in den Presbyterialprotokollen die Information, dass Altkurator Michael Graeser ein Schreiben verfasst hat, „zur Belebung der Kirchenmusik im Rahmen der Mediascher Kirchengemeinde“. Das Schreiben und die Überlegungen schon Ende 1974 sehen wir als Geburtsstunde des Mediascher Orgelsommers. Darin wurde unter anderem auch der Wunsch geäußert, dass wöchentliche Orgelkonzerte das ganze Jahr stattfinden sollten – dass war damals aber nicht durchführbar. Die Unterhaltung einer ständigen Orchestergruppe ist damals daran gescheitert, dass keine Instrumentalisten gefunden wurden. Es wurde dem Vorschlag zugestimmt, dass die Erklärung von aufgeführten Musikstücken erfolgen soll. Weiter wurde angeregt, dass die Konzerte auf Tonband aufgenommen werden sollen, wobei aber die Frage der Wiedergabe von Tonbandaufzeichnungen in anderen Kirchen die Kompetenz des Mediascher Presbyteriums überschritt.
Seit damals haben viele Menschen die Musik in der Margarethenkirche geschätzt und genossen. Alle sind dazu eingeladen: Mediascher Groß und Klein, unsere sommerlichen Besucher, die nicht nur die geschichtsträchtige Margarethenkirche oder das Kirchenkastell besichtigen wollen, sondern auch die wöchentlichen Konzerte (in der Regel jeden Montag, 19 Uhr) in einem besonderen Konzert erleben wollen. Mediasch ist eine Kleinstadt, in der recht selten klassische Konzerte organisiert werden. Darum ist der Mediascher Orgelsommer eine einzigartige und darum wichtige Ergänzung für das gesamte kulturelle Leben von Mediasch. Die Konzerte bieten Orgel- aber auch Instrumentalmusik an, Stummfilme mit Livemusik oder eben auch Chöre. Das Publikum besteht aus Menschen aus unterschiedlicher Konfession, Sprache und auch Herkunft.
Wir feiern dieses Jahr das 50-jährige Jubiläum dieser Konzertreihe. Es wurden für dieses Jahr mehr als 20 Konzerte geplant. Jedes Jahr sind wir mit der Suche nach Finanzierung beschäftigt. Seit mehreren Jahren unterstützt uns maßgeblich der Martin Luther Bund, mehrere Jahre half auch das Mediascher Bürgermeisteramt mit. Natürlich haben im Laufe der Zeit auch viele Einzelpersonen oder Institutionen, wie dieses Jahr die Firma Aterm, die Heimatgemeinschaft Mediasch, oder das Gustav-Adolf-Werk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland dafür gespendet. Dieses Jahr wurde der Orgelsommer zum ersten Mal auch beim „Sibiu Marathon“ angemeldet, einer Benefizveranstaltung mit vielen wichtigen Projekten für die Gesellschaft. Über 50 Menschen – unter anderem auch unsere Kantorin, ein Pfarrer, eine Pfarrerin, ein Vikar, Jugendliche und Kinder sind am 24. Mai dafür gelaufen! Wir haben eine maßgebliche finanzielle Unterstützung erhalten – aber auch Spaß durch Bewegung und freundschaftliche Verbundenheit erlebt.
Während der 50 Orgelsommer durften wir zahlreiche klangvolle Namen und Ensembles hier schon erleben. Die Künstler brachten ein dankbares Publikum in die Margarethenkirche. Ich darf behaupten, dass auch dadurch gelebte Ökumene sichtbar wird. In unserer Mitte besteht der Wunsch nach christlicher Gemeinschaft, die auch oder vor allem durch die Musik zustande kommt und gepflegt wird. Ein Höhepunkt ist das Weihnachtskonzert, das in diesem Jahr zum 25. Mal stattfinden wird. Dabei wird in mehreren Sprachen gesungen, gelesen, gebetet und gesegnet.
Möge der Mediascher Orgelsommer und die Musik überhaupt noch lange hier und auch anderswo ein Ort sein, wo Menschen zusammenkommen, die durch die Musik Labsal für ihre betrübten Herzen erfahren, wie Martin Luther die Musik beschrieben habt. Denn „die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, sie vertreibt das Böse, macht die Menschen fröhlich und man vergisst über sie alle Laster. Musica ist das beste Labsal einem betrübten Herzen, dadurch das Herze wieder zufrieden, erfrischt und erquickt wird.“
In diesem Sinne wünsche ich uns allen noch viele Jahre – durch die wohltuenden Klänge des Orgelsommers und darüber hinaus – Zufriedenheit und Frieden, Erquickung und Zuversicht!
Eindrücke vom Orgelssommer 2025 in der Mediascher Margarethenkirche

Klaus Untch, Organist in Zeiden.

Edith Toth mit dem freischaffenden Organisten Valentin Fheodoroff aus Wien.

Jugendsinfonieorchester Bremen

Vor dem Konzert am 12. Juli 2025 spricht der Dirigent des Jugendsinfonieorchesters Bremen im Hof des Kirchenkastells mit seinen Musikern.

„Auf die Plätze, fertig, … Orgelsommer“.

Konzert des Jugendsinfonieorchesters Bremen am 12. Juli 2025 in der Margarethenkirche (Dirigent Martin Lentz).

Immer wieder treten Musiker, die im Rahmen des Orgelsommers nach Mediasch kommen, auch in den Kirchen der Umgebung auf – wie hier der Jugendchor Markkleeberg in Birthälm.

Die Konzerte des Orgelsommers sind immer ein besonderer Genuss …..

…. und locken unterschiedlich viele Besucher in die Kirche.

Im Sommer 2024 gaben der Chor des Musikvereins aus Lenzburg in der Schweiz und der Mediascher Familienchor ein gemeinsames Konzert – zunächst im Rahmen des Orgelsommers in Mediasch unter der Leitung von edith Toth (vorne im Bild) und danach in Lenzburg.
Übrigens: das aktuelle Programm wird regelmäßig auf der Seite https://www.facebook.com/OrgelsommerMedias/?locale=de_DE angekündigt. Dort können auch Ausschnitte und Berichte aus vergangenen Konzerten eingesehen werden.
Gedenken an Rosemarie Wagner
von Edda Waedt
Rosemarie Wagner wurde am 6.11.1934 als erstes Kind von Hermann und Rosa Wagner in Heldsdorf, Kreis Kronstadt geboren. Dort besuchte sie die Grundschule, sieben Klassen, und wurde dort auch konfirmiert. Der Vater wurde im Januar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert, wo er fünf Jahre lang bleib. Es war für ihn, aber auch für die zurückgelassene Familie, seine Frau und die fünf Kinder, eine schwere Zeit.
Den ersten Klavierunterricht erhielt Rosemarie von der Mutter und später vom Organisten des Dorfes. Später besucht sie drei Jahre lang das Konservatorium in Klausenburg, wo sie als Fächer Klavier und Orgel belegte. Es folgten weiter vier Jahre Studium an der Bukarester Musikhochschule.
Ihre erste Stelle als Organistin trat sie in Schäßburg an. 1970 wechselte sie dann nach Mediasch, wo sie bis 1991 ihren Dienst tat, ehe sie mit ihrer Mutter und einer Schwester nach Deutschland übersiedelte. Zu ihren besonderen Verdiensten in Mediasch zählt, dass sie die Initiative zu der Konzertreihe „Orgelsommer“ ergriffen hat, die bis heute fortgeführt wird und das kulturelle Leben der Stadt bereichert. In Nürnberg erhielt sie eine Stelle in der Kirche in der Nürnberger Vollzugsanstalt. Im Alter lebte Rosemarie Wagner im Betreuten Wohnen in Rummelsberg, wo sie bis ins hohe Alter von 83 Jahren als Organistin Gottesdienste musikalisch begleitete und bei zahlreichen anderen musikalischen Veranstaltungen mitwirkte. Am 27. November 2024 ist Rosemarie Wagner verstorben.


Ein Marathon für 50 Jahre „Orgelsommer“ Mediasch
Von Pfarrer Wolfgang Arvay
Die Organisation einer Konzertreihe wie den Mediascher „Orgelsommer“ ist in vielerlei Hinsicht eine große Herausforderung. Das gilt auch für die Finanzierung, für die Jahr für Jahr Spenden und Fördergelder gesammelt werden müssen. Ausgerechnet im diesem Jahr, wo der 50jährigen Tradition der Konzertreihe gedacht werden sollte, versagte einer der Hauptförderer, das Mediascher Bürgermeisteramt, der Kirchengemeinde aus – sagen wir mal sehr „durchsichtigen“ Gründen – die Förderung. Plötzlich fehlte mehr als die Hälfte der benötigten Summe, ein Umstand, der die Organisatoren herausforderte, neue Wege zu finden, um die geplanten und mit den Künstlern bereits vereinbarten Konzerte dennoch anbieten zu können. Auch die HG Mediasch wurde angesprochen und leistete einen Beitrag, doch war Kreativität gefragt, um den ganzen Betrag von rund 10.000 Euro herbeizuschaffen. Es war die als Fremdenführerin bereits gut bekannte Ioana Pătrăşcoiu, die die Idee hatte, den „Orgelsommer“ als eines von 54 Projekten im Rahmen des großen karitativen „Hermannstädter Marathons“ anzumelden. Bei diesem Volkslauf, an dem Jahr für Jahr über 10.000 Läufer in den verschiedensten Kategorien mitlaufen, geht es darum, dass die Teilnehmer aus ihrem Freundeskreis Spenden für verschiedene wohltätige Projekte sammeln. Zusammen mit Edith Toth und Hildegard Servatius-Depner leistete Ioana Pătrăşcoiu die nötige Überzeugungsarbeit, so dass die Mediascher Kirchengemeinde mit einer eigenen Mannschaft in Hermannstadt antreten konnten.

Es gelang, eine stattliche Mannschaft aufzustellen: 52 Läuferinnen und Läufer, darunter Kinder von 4 Jahren aufwärts, Jugendliche, Erwachsene und „reife“ Erwachsene nahmen die Sportschuhe und ein gutes Stück Motivation in die Hand um sich der Herausforderung zu stellen, über Strecken von 42 km, 21 km oder 10 km zu laufen oder auch über 5 km „Schritte für die Stadt“ zurückzulegen, ein jeder, wie er es sich vorgenommen hatte. In der Mannschaft mitgerannt sind unter anderen die Organistin Edith Toth, Kurator Septimiu Sîrbu, Stadtpfarrer Wolfgang Arvay und seine Tochter Franziska, Vikar Maximilian Braisch mit seinen Kindern und Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner und ihre Tochter Katharina, der neue Verwalter Dan Bogdan, Leute aus dem Chor, Leute aus Mediasch, aus Hermannstadt, aus Klausenburg und Kronstadt. Viele Freunde der Gemeinde sind beim Start aufgetaucht und haben das Projekt Orgelsommer Mediasch „laufkräftig“ unterstützt. Franziska Arvay schaffte es aufs Podium und hat mit ihren 14 Jahren in der Gruppe 13-17 Jahre den dritten Preis gewonnen.
Einige der Läufer hatten sich als „Fundraiser“ angemeldet und haben in ihrem Bekanntenkreis für die Musik in Mediasch geworben. 246 verschiedene Spender haben kleinere und größere Summen gespendet. Zusammen mit der Hälfte der Einschreibegebühren wurden durch den Benefizlauf über 5000 Euro und somit die Hälfte der Kosten für die Konzerte dieses Sommers gesammelt. Beispielhaft sollen hier nur zwei „Prämien“ genannt werden: Dominik Stecz (17) hat 600 Euro und Ioana Pătrășcoiu über 1000 Euro gesammelt.
Nun hat der Orgelsommer durch diese Aktion ein frischeres Gesicht erhalten, mit einem Logo und einem guten Design. Es ist uns gelungen, den Mediaschern in Erinnerung zu rufen, dass in dieser „einsamen“ Kirche im Zentrum Konzerte stattfinden; dafür, dass sie weiter stattfinden können, wurde nach Kräften gespendet und so manche Leute tauchen jetzt auch regelmäßig bei den Konzerten auf.
Für viele Läufer war es sicherlich die erste Herausforderung, bei dem Marathon teilzunehmen. Es zeichnet sich aber ein steigendes Interesse ab auch bei anderen, im nächsten Jahr wieder für ein Projekt zu starten und wir haben bereits ein neues Projekt und zwar: die Erschließung für Besucher und die Renovierung des Glockenturmes – 30. Mai 2026!
Ein Dank soll an dieser Stelle der HG Mediasch ausgesprochen werden, denn in diesem Jahr hat die HG und einzelne Leute des Vorstandes das Projekt auch finanziell unterstützt.