Adieu für einen Freund

Anselm Roth (16.6.1957 – 2.4.2020)

Es gilt Abschied zu nehmen von einem nahen, lieben Freund, einem treuen Weggefährten über viele Jahre. Wie soll das gehen, wenn die Wunde so frisch, wenn der Abschied so unverhofft kam?

Meine Gedanken gehen zurück in den Sommer 2009, als ich Anselm Roth zum ersten Mal persönlich begegnet bin, zur Vorstellung des Mediasch-Bildbands im Haus des Deutschen Ostens in München. Damals kannten wir uns schon über ein halbes Jahr, jeder hatte dem anderen ungefähr 700 e Mails geschrieben und wir hatten oft telefoniert, um das aufwendige Buch fertigzustellen. Bei der Vorstellung des Bandes plauderte Anselm aus dem Nähkästchen und meinte, dass dieses Buchprojekt anders gelaufen sei, als im Verlagsgeschäft üblich, wo ein Autor ein Manuskript abliefere und irgendwann das Buch zur Endkorrektur bekomme. Autor und Verleger hätten diesmal, so sagte er damals, beschlossen, eine „Ehe auf Zeit“ zu schließen, in der zumindest der Autor für eine gewisse Zeit gefühlt mehr mit dem Verleger kommuniziert habe als mit der eigenen Familie, um das Buch gemeinsam entstehen zu lassen. Die „Ehe auf Zeit“, die Anselm hier in seiner typisch bildreichen Ausdrucksweise beschrieben hat, endete mit der Herausgabe des Buches; sie ging aber fast nahtlos in eine Freundschaft über, die all diese Jahre gehalten und die mich – und hoffentlich auch ihn – in ganz besonderer Weise bereichert hat. Es waren zugleich die Jahre, in denen der Schiller Verlag durch ihn sein Profil bekommen hat und zu einer Größe geworden ist, die man sich aus der geistigen Welt der Siebenbürger Sachsen nicht mehr wegdenken kann, nicht mehr wegdenken mag.

Dankbar bin ich dem Freund, dass er mich an seiner Arbeit hat teilnehmen lassen, auch immer wieder nach einer Meinung gefragt hat, wenn er am Zweifeln war. Dankbar bin ich für einen regen Austausch von Gedanken, über viele Ratschläge zur Technik der Text- und Bildbearbeitung, die er gerne erteilte, und viel Hilfe bei der Lösung konkreter Aufgaben. Froh erinnere ich mich an gemeinsame Stunden in seinem Garten, in seinem gläsernen Haus, an lange Gespräche, in denen nie Zeit für Belangloses war, an gegrillten Thunfisch oder Lammkeule, die er meisterlich zubereitete und zu servieren liebte, und an siebenbürgischen Wein, der die Zunge löste und das Herz öffnete. Dort in Michelsberg, mit dem Blick auf die Burg, den Mehlseifen und die Höhenzüge der Fogarascher Berge, dort hat er gerne gelebt, dort war er in seinem Element.

Das Mediasch-Buch sollte nicht das einzige Projekt bleiben, das uns in diesen Jahren verband. Seit Dezember 2012, sieben Jahre lang, gestaltete Anselm Roth für die Heimatgemeinschaft Mediasch unser „Infoblatt“, das zwei Mal jährlich erscheint, und hat es mit seiner Kreativität und seinen gestalterischen Ideen bereichert, ja, ihm eine neue Qualität gegeben. Die Erfahrungen aus der eingangs erwähnten „Ehe auf Zeit“ bewährten sich hier aufs Neue, und die beiden Monate, in denen er das Layout eines Heftes fertigstellte, waren immer geprägt durch intensiven Austausch im Auf und Ab der Gedanken und Gefühle. Es soll hier nicht verschwiegen werden – Anselm war ein Mensch starker Gefühle, und streitbar, wenn es um seine Ideen und Prinzipien ging. Aber er war auch ein offener Geist, für Argumente zugänglich und letzten Endes auch ein Meister, wenn es um Kompromisse ging. Die Heimatgemeinschaft Mediasch verdankt Anselm Roth viel, er wird uns fehlen…

Du wirst uns allen fehlen, Anselm, lieber Freund. Nicht nur Deine Kunst, nicht nur Deine Schaffenskraft, nicht nur Deinen Optimismus werden wir vermissen. Dein großes Herz wird uns fehlen, all´ jenen, die darin Platz gefunden haben, all´ jenen, deren Not Du lindern geholfen hast, und auch allen, denen Du so viel Freude bereitet hast… Lebe wohl, lieber Freund, lebe in unseren Herzen weiter.

Hansotto Drotloff