Gegenwart
„Das Mediascher Kulturerbe: Bewahrung – Vermittlung – Erforschung – Identifikation”
Die Aufmerksamkeit für das mittelalterliche und frühneuzeitliche schriftliche Erbe von Mediasch schwankte im Laufe der Zeit. Prekär wurde die Lage der Pfarr- und Schulbibliotheken nach der sowjetischen Besetzung und der Errichtung des kommunistischen Regimes. Im Herbst 1945 meinte ein übereifriger und ignoranter Bürgermeister, alle Bücher der Mediascher Bibliotheken seien faschistischen Inhalts und müssten verbrannt werden. Ein Scheiterhaufen im Hof des Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasiums sollte ihr Schicksal besiegeln. Einigen mutigen Lehrern und Schülern gelang es, die älteren und besonders wertvollen Stücke in der Kirche zu verstecken. Nachdem die unmittelbare Gefahr vorüber war, wurden die Artefakte in einem Turm im Inneren des Kirchenkastells heimlich gelagert. Hier blieben sie bis 2022.
Die Bibliothek und das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Mediasch erfreuten sich trotzdem seit den 1960er Jahren jahrzehntelang einer kompetenten Pflege und Betreuung, des beständigen Bemühens um eine Inventarisierung und Sicherung des aufbewahrten Materials. So wurde 1968 die äußerst wertvolle Handschrift des „Mediascher Predigtbuchs“ (Abb. 12) restauriert, und es wurden (nach privaten Initiativen) weitere Restaurierungsarbeiten durchgeführt. 2002 zum Beispiel wurde, in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Fachlabor des Nationalmuseums der Vereinigung in Karlsburg eine Inkunabel gerettet (Abb. 19). Die Restaurierung alter Bücher ist ein Zeugnis für die Verbindung von Tradition und Innovation. Die sorgfältige Arbeit der Spezialisten bewahrt nicht nur die physischen Bücher, sondern stellt auch sicher, dass künftige Generationen Zugang zu dem in ihnen enthaltenen kulturellen und historischen Erbe haben.
Antoninus Florentinus: Summa theologica, pars II. Nürnberg. Druckerei Anton Koberger, 1486. Inkunabel vor und nach ihrer Restaurierung 2002 im Karlsburger Fachlabor.
Im Jahr 2022 nahm die jüngste Initiative zur Erforschung des örtlichen Archiv- und Bibliothekserbes Fahrt auf. Die Erfassung der komplexen Sammlung der Margarethenkirche erbrachte nicht nur eine Offenbarung, sie ist auch ein Lehrstück für die positive, emotional konnotierte Reaktion der örtlichen Gemeinschaft mit dem kulturellen Erbe ihrer Heimatstadt. Ein Ziel dieser Ausstellung ist es, die Ergebnisse dieser Bemühungen einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren, die bisher nur aus den Medien über die in Mediasch beherbergten kulturellen Schätze informiert worden ist.
Bestandsaufnahme, Fotografieren und Dokumentieren – Forschungen, die 2022-2023 durchgeführt wurden im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten Projektes „Schriftlichkeit und Lesekultur in Mediasch/Mediaș (Siebenbürgen, Rumänien) im 14.-16. Jahrhundert. Sicherung, virtuelle Rekonstruktion und wissenschaftliche Analyse einer siebenbürgischen Pfarr- und Gymnasialbibliothek“.
Teilnehmende an der internationalen Konferenz „Näher am Schöpfer. Pfarrarchive und Bibliotheken der Vormoderne (ca. 1350-1650)“, die am 8.–21. Mai 2023 in Mediasch stattfand. Daran nahmen renommierte Fachleute aus mehreren Ländern (Rumänien, Portugal, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Italien, Schweiz, Ungarn, Tschechische Republik, Kanada) teil, Historiker, Philologen, Archivare und Bibliothekare, die sich mit einem ähnlichen Erbe wie dem Mediascher auseinandergesetzt haben.