Erinnerungen an unseren langjährigen treuen Freund Wilfried Römer
von Hansotto Drotloff
Am 31. Januar 2025 ist Wilfried Römer, langjährigen treuen Freund, Mitglied im Vorstand der HG Mediasch, emsiger Mitarbeiter in der Redaktion des „Mediascher Tramiters“ und dortselbst auch fleißiger Autor witziger und auch hintergründiger mundartlicher Texte, in seinem 91. Lebensjahr verstorben. Der Vorstand der HG verneigt sich vor seinem Lebenswerk und dankt dafür, dass Wilfried Römer seine Arbeit so viele Jahre bereichert hat. Wir würdigen den Verstorbenen hier mit einem Text, den wir aus Anlass seines 90. Geburtstags im Mediascher Infoblatt vom Dezember 2025 veröffentlicht hat. Außerdem freuen wir uns, dass ein Freund – Norbert Rosenauer – uns Erinnerungen an Wilfried Römers Zeit in Mediasch zur Verfügung gestellt hat, die er in unserer Mediascher Mundart verfasst hat.

Wilfried Römer war das, was man mit einem Augenzwinkern einen „Gralshüter“ unseres Mediascher Dialekts bezeichnet kann. Es machte ihm besondere Freude, sächsische Gedichte vorzutragen. Viele von uns werden sich der Vortragsstunden beim Großen Mediascher Treffen in Kufstein und Dinkelsbühl erinnern, wo er am liebsten ausgewählte Gedichte von Gustav Schuster Dutz vortrug. Nun – in der Rubrik „Det Schlässelloch“ auf unserer Homepage erklingt seine Stimme auch über seinen Tod hinaus.
Wie schnell die Zeit vergeht, merken wir am ehesten, wenn wir innehalten, etwa um an einen lieben Menschen zu denken, wenn sein Geburtstag naht. Am 16. November feierte Wilfried Römer seinen 90. Geburtstag. Als ich heute das Dezemberheft 2014 zur Hand nahm, in dem der Vorstand der HG Mediasch ihm zu seinem 80. gratulierte, war es, als wären nicht zehn Jahre seither vergangen, sondern als wäre es gestern gewesen, wo mit unserem Freund und langjährigen treuen Mitglied zuletzt zusammengesessen bin oder gesprochen habe. Als einen Freund meines Vaters und Nachbarn meiner Großeltern am „Rēch“ in der Forkeschgasse kannten wir uns schon zu Hause, wenn auch eher flüchtig, wie das so ist, wenn einen fast 20 Lebensjahre trennen. Heute denke zurück an die Zeit vor etwa 20 Jahren, als ich ihm in der Heimatgemeinschaft wieder begegnet. Neu in diesem Kreis, schickte ich mich damals an, das Bildarchiv der HG aufzubauen. Er hat Günther Schuster und mich von Anfang an tatkräftig unterstützt. Aus dem umfassenden Familienarchiv, das er nicht nur hütete, sondern auch pflegte und studierte, lieferte er im Laufe der Jahre hunderte von Belegen für das digitale Bildarchiv und zahllose Dokumente. Als einer der wenigen, die die alte deutsche Schrift in Handschriften mühelos lesen können, nahm er mich an der Hand und lehrte mich geduldig, die alten Aufzeichnungen zu entziffern. In der Tradition seines Großvaters, des Stadtpfarrers Carl Martin Römer und seines Vaters, des Stadtingenieurs Karl Georg Römer stehend, war und ist Wilfried Römer ein wandelndes Mediascher Lexikon, der gefühlt Jeden und Jede kannte. Als Günther Schuster und ich uns bald darauf anschickten, den Mediasch-Bildband zu konzipieren, lieferte er uns unersetzliche Informationen, Dokumente und Bildmaterial zur Baugeschichte und Renovierung der Kirche. Für Albert Klingenspohr war Wilfried Römer ein wichtiger Partner, wenn es darum ging, Ungereimtheiten in der genealogischen Datenbank zu klären.
Viele Jahre hindurch gehörte er der Redaktion des „Mediascher Infoblatt“ an und wurde ein nahezu unentbehrliches Redaktionsmitglied, dessen Unterstützung vor allem für die Mundartbeilage „Medwescher Tramiter“ außerordentlich wichtig war. Denn, es ist gewiss nicht übertrieben, Wilfried Römer einen Bewahrer zu nennen, in Bezug auf das, was er das „Mediascher Sächsisch“ genannt hat, auch einen Wächter über dessen Reinheit. Wobei er sicherlich die „Reinheit des Dialekts“ nicht separatistisch betreibt – in der Vielfalt der Ausprägungen des siebenbürgisch-sächsischen Dialekts legt er aber Wert darauf, dass die Mediascher „ihr“ Sächsisch rein erhalten. Und so ging viele Jahre hindurch auch kein „Tramiter“ in Druck, ehe Wilfried ihm gründlich durchgelesen und mit feinen roten Strichen alle Fehler korrigiert, alle die fremdartig anmutenden diakritischen Zeichen akkurat gesetzt hat.
Aber Wilfrieds Beiträge zum „Tramiter“ beschränkten sich bei weitem nicht nur auf das Korrigieren. Seine gute Kenntnis der Werke von Schuster Dutz und anderer Mundartdichter kam ihm entgegen, wenn es darum ging, Beiträge für das neue Heft auszusuchen. Mit manchen eigenen Gedichten, vor allem aber auch mit dem schier unerschöpflichen Fundus an Witzen, von denen viele im „Tramiter“ verewigt wurden, weist er sich als ein „Medwescher Fleosemaocher“ im besten Wortsinn aus. Und wir haben regelmäßig seinen Humor genossen, zum Beispiel wenn er Gedichte seines Lieblingsautors, Gustav Schuster Dutz vortrug. Dies gehörte jahrelang als Standardprogrammpunkt zum Mediascher Treffen, sei es in Kufstein, sei es in Dinkelsbühl. Stets hatte er die Lacher auf seiner Seite. Schuster Dutz, das „Mediascher Sächsisch“ und die Genauigkeit – sie feierten bei der Neuausgabe des „Kulturpfeifens“ durch den Schiller Verlag im Jahre 2012 durch Wilfried fröhliche Urständ, denn ihm kam die Aufgabe zu, die sächsischen Text von Einflüssen „Hermannstädter Ausdrucksweise“ zu bereinigen, die auf den Herausgeber der Originalausgabe von 1956 (Harald Krasser) zurück gingen. Auch an diese Zusammenarbeit mit Wilfried und dem allzu früh verstorbenen Anselm Roth erinnere ich mich mit Dankbarkeit.
Bewahren und die Erinnerung pflegen – das gilt natürlich auch für die Familiengeschichte. Und auch das ist eine den Tag füllende Aufgabe. Wilfried Walter Römer wurde am 16.11.1934 in Mediasch als viertes der acht Kinder des Ehepaares Karl Georg Römer und der Irene Nora Müller aus Hetzeldorf geboren. Vater und Großvater haben jeder auf seine Weise Bedeutendes in Mediasch geleistet. Der Großvater Carl Martin Römer war über viele Jahre ein hochgeachteter Vertreter soliden sächsischen Bürgersinns und hoher geistiger und geistlicher Bildung, der als Stadtpfarrer, aber nicht zuletzt als Dichter der Verse des Kirchnerliedes Bäm Honterstreoch auch heute noch unvergessen ist. Der Vater Karl Georg Römer, ein Bauingenieur, war es, der in den 1925er Jahren erkannte, wie groß die Einsturzgefahr des Tramiterturms war – und der als Bauleiter danach maßgeblich zu dessen Rettung und zur gründlichen Renovierung der Margarethenkirche beitrug. Inmitten einer Großfamilie, deren Mitglieder mit praktisch allen großen und alteingesessenen Mediascher Familien verwandt oder verschwägert waren, wuchs Wilfried wohlbehütet auf und dürfte nicht viel von den Erschütterungen mitbekommen haben, die die sächsische Gesellschaft in ihren Grundfesten trafen und sie nachhaltig verändern sollten. Er war 10 Jahre alt, als die alte Ordnung mit einem Paukenschlag zerbrach. Wovon man auch immer geträumt hatte, es hieß „auf Tauchstation zu gehen.“ Sicher wäre es unter anderen Umständen auch für Wilfried Römer möglich gewesen, hoch hinaus zu kommen, wie viele seiner Vorfahren und Verwandten. Vorerst war aber an nicht viel mehr als an eine solide handwerkliche Ausbildung zu denken. Wilfried wurde Elektriker und ist diesem Beruf bis zu seiner Pensionierung nachgegangen. In dem Emailul-Roşu-Werk, der Nachfolgefirma der Stanz- und Emallierwerke Peter Westen AG war er ein geachteter Kollege, immer zur Stelle, wenn Not am Mann war.
In Brigitte Pelger fand er die Gefährtin seines Lebens und Mutter der beiden Söhne Uwe und Karl. Die Römers zählten nicht zu jenen, die sich für eine frühe Ausreise entschieden hatten. Sie erlebten die schweren Jahre des Kommunismus bis zu seinem blutigen Ende 1989 und entschlossen sich erst 1990 zu gehen. Durch regelmäßige Besuche in Mediasch und durch das aktive Mitwirken in der HG demonstrierte Wilfried seine Verbundenheit der alten Heimat.
Erännerungen un den Wilfried Römer uch un Derhiem
vum Norbert Rosenauer, genaont der Totzi
Et kängd än den Johren 1987/89 gewiëst sen, als ech fun Äppeschderf mät mengem Hercules Moped ken Medwesch kun bän, uch dro no enem kurtschen Besäck bä mengen Äldern, („Zech der de Scheajen eos, tea maochst allent schwarz“ – der grässlich „Negru de fum“– daot woren de schwarz Wulken vun Kienross eos den Fabriken äm Schämmert uch ä Kopesch) glech än de Forkeschgass ze fuëren, wo der Wilfried net sälden eos senger Wierkesch kaom, wo hië Bizickel repariert uch zuwert. Do liert ech irscht richtich iwer des Konst, Bizickel ze richten, vun diër ech schiun als Kängd begiestert wor.
De Nofroch nō Zwiërädern wor iweraoll grius, uch miestens word et Owend, bäs mer fertich woren. Vun allen diëm wor ech fachlich begiestert uch zeasätzlich, wat mir drō nōğier als sealfstverständlich erschinnen äs, liert ech eas sachsesch Sproch, det Liëwen uch det Breochtum vun eas Sachsen neher kennen. Ech bän fiëst iwerzecht derfun, dat ech hegd des Zellen net än Sachsesch schrewen wed, ohnen den Äflass vum Wilfried, für diën ech äm hegd noch daonkber bän.
Cha dro kaom ech irscht um Owend zeräck bä mengen Äldern verbä, uch meng Vueter sōt noch: „Tea kist ken Medwesch, äm de gaonz Zegd bäm Wilfried ze heochen“; hie hat jō Riëcht dermät, awer ir wässt jō dat et „aonderīrest ängden biësser schmackt wä Derhiem“ – uch wonn et detmol net äm det Iëssen, seangdern äm den „Wässensheanger“ gieht.
Ech mienen jō, dat allen de Medwescher mät dem „Negru de fum“ geplocht woren, doräm bän ech uch ken „Băschkăletz“ (also no Äppeschderf) eosgewaondert, damät meng Kängd än biësserer Laft afwuëssen, ech had uch enen geaden „Job“ än der Seră (der Gärtneroa), ir kennt ich viurställen, wä sich meng Medwescher Bekaonten froaten, won ech „derhiemhär“ mät Serăwuer erschin. Alsi zeräck zem Wilfried: hië zieğt mir dro seng Arbet uch Forschung iwer eas Familienstammbeach Römer/Rosenauer. Mir gengen dro afen än det Wunnzimmer. De Gittatant begrosst mech dō, en härtzlich Fräh, hun ech af den irschten Bläck fiëstgestaollt, und gaof mer uch enen Becher Brannenwasser vum Kähle Brannen, denn det Keakelwasser eos der Liedung keangd em net dränken. Alsi der Wilfried zieğt mer uch erklērt mer dro easen Familienstammbum, en wiertfuël Arbet, und nea wasst ech af īst, dat mir Gesästerkängd sen, wä ech jo fiurhiër respektfuël Wilfriedonkel zea em gesōt hatt.
Als P. S. drōn häd ech noch en Bitt un eas Medwescher: Sed esi „sportlich“ und schrēft uch ir Erännerungen un easen „Tramiter“, esi īnzichuërtich, wä mir sen, et kēnt en „Medweschsaga“ dreos werden, dō bän ech mer sächer.