Auswahl von Berichten
Lotte Binder, Erika Paulas und Ida Guggenberger – Drei Mediascherinnen kämpfen für Selbstbehauptung im Beruf und in der Gesellschaft – von Gudrun-Liane Ittu
Der erste Anlass, bei dem deutsche Frauen aus Siebenbürgen aus dem streng familiären Rahmen, auf den sich ihr Wirken über viele Jahrhunderte beschränkt hatte, in den öffentlichen Raum hinaustraten, war die Gründung ihrer ersten Vereine in Kronstadt, Hermannstadt, Mediasch, Bistritz und Schäßburg, kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Vereine verfolgten zunächst gemeinnützige Ziele und Aktivitäten im Rahmen der Kirche, später gingen sie aber dazu über, konkrete Anliegen zu formulieren, die darauf abzielten, die Chancen von Frauen zu erhöhen, sich über den natürlichen Beruf als Mutter und Ehefrau hinaus zu verwirklichen.
Angesichts der engen traditionellen Bindung der Sachsen an Deutschland vollzog sich die Frauenemanzipationsbewegung im Sog und unter dem Einfluss ihrer geistigen Heimat. Es muss jedoch betont werden, dass Deutschland eine der bedeutendsten Feministinnen des radikalen Flügels Siebenbürgen bzw. Schäßburg zu verdanken hatte. Es war dies Marie Stritt (1855–1928), die in der Zeit von 1899–1910 Präsidentin der „Bundes Deutscher Frauenvereine“ war. Die Schauspielerin und Dichterin Marie Stritt wurde durch ihre Mutter Therese Bacon (1824–1911), eine Pionierin der Emanzipationsbewegung in Siebenbürgen, mit der feministischen Bewegung bekannt gemacht.
Als Spätreflex der Französischen Revolution, die die Gleichheit aller Menschen proklamierte, bezog sich der erste Punkt der Arbeitsagenda der sächsischen Frauenbewegung auf eine bessere Schulausbildung der Mädchen, die der Ausbildung der Jungen ebenbürtig sein sollte. Neben der Frage der schulischen Ausbildung wurde Ende des 19. Jahrhunderts auch über die Notwendigkeit debattiert, dass Frauen einen Beruf erlernen sollten, um ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Insbesondere die Frage der Zulassung von Frauen ins Lehramt, einem damals ausschließlich Männern vorbehaltenen Bereich, spaltete die Gesellschaft über einen sehr langen Zeitraum. Das Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche als oberste Behörde für die konfessionellen Schulen widersetzte sich lange der Idee, auch Frauen in das Lehramt zuzulassen, und die Männer, die den Gedanken weiblicher Konkurrenz nicht ertragen konnten, taten alles Mögliche, um ihnen den Weg dorthin zu versperren. Die konzertierten Aktionen der örtlichen Feministinnen, unterstützt von einigen Intellektuellen, allesamt Männer mit fortschrittlichen Ansichten, führten dazu, dass ab 1902 in Privatkursen vorbereitete Mädchen zu den Prüfungen am „Theologisch-pädagogischen Lehrerseminar“ in Hermannstadt, einem kirchlichen pädagogischen Gymnasium, zugelassen wurden und nach Abschluss ihrer Ausbildung Diplome als Lehrerinnen erhielten. Im Jahr 1904 öffnete die „Lehrerinnenbildungsanstalt“ in Schäßburg ihre Pforten, 1907 absolvierten die ersten jungen Frauen diese Einrichtung. Damit die Freude derjenigen, die das begehrte Diplom erworben hatte, nicht zu groß war, erfand das ausschließlich aus Männern bestehende Landeskonsistorium ein weiteres Hindernis, nämlich das obligatorische Zölibat für Lehrerinnen. Sein Argument lautete, dass der Beruf einer Lehrerin mit den Aufgaben einer Ehefrau und Mutter unvereinbar sei bzw. die Anforderungen körperlich und geistig zu anspruchsvoll seien, um beide von einer Frau bewältiget werden zu können. Mit der Heirat endete automatisch der Vertrag mit der Einrichtung; ja, die betroffenen Frauen mussten sogar einen Teil der Schulkosten zurückerstatten, wenn sie ihren Beruf erst wenige Jahre lang ausgeübt hatten. Diese Regelung blieb bis 1926 in Kraft.
Ich hielt diese Einführung für notwendig, da sie den Schlüssel zum Verständnis der Karrieren der Frauen darstellt, die im Folgenden besprochen werden, Frauen, deren Schicksal zumindest zeitweise mit der Stadt an der Großen Kokel verbunden war.
Lotte Binder (1880–1930)
Die Tochter des Rektors des Gymnasiums in Sächsisch-Reen und späteren evangelischen Pfarrers in Katzendorf, wollte sich schon früh einem Beruf widmen. Die finanzielle Situation der Familie erlaubte es ihr nicht, das von ihr in Betracht gezogene Mädchengymnasium in Gotha zu besuchen. In einer Zeit vor der Eröffnung der „Lehrerinnenbildungsanstalt“ in Schäßburg unterrichtete sie ihr Vater, so dass sie im Jahre 1904 die Abschlussprüfung am „Theologisch-pädagogischen Lehrerseminar ablegen konnte. Vom Herbst desselben Jahres arbeitete sie an der Mädchenschule in Mediasch, wo sie bis zu ihrem frühen Tod im Jahr 1930 unterrichtete. Während ihrer gesamten Karriere fehlte sie nur ein Jahr lang von der Schule, da sie in diesem Zeitraum Kurse in Pädagogik, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften und deutscher Literatur in Berlin und München besuchte. Ihre finanzielle Situation hinderte sie daran, ihr Studium an einer dieser Universitäten abzuschließen
Nach ihrer Rückkehr nach Mediasch widmete sie sich neben ihrer Lehrtätigkeit ethnografischen und linguistischen Studien, insbesondere gehörte sie zu der Gruppe, Belege für das monumentale Werk des siebenbürgisch-sächsischen Wörterbuchs sammelte und aufzeichnete. An diesem Werk wird bis heute noch am Institut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie /Institutul de Cercetări Socio-Umane al Academiei Române in Hermannstadt gearbeitet, der letzte abgeschlossene Band ist der Buchstabe S. Beginnend mit dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts widmete sich Lotte Binder auch der Arbeit zum Wohle der Frauen. Sie leitete die 1912 in Mediasch gegründete „Arbeitsgemeinschaft für Frauenfragen“, die zusammen mit einer Frauenorganisation aus Kronstadt und einer aus Schäßburg den „Freien Sächsischen Frauenbund“ gründeten. Im Jahre 1925 starb Adele Zay, die Präsidentin des Frauenbunds und an ihre Stelle trat Lotte Binder, die gleichzeitig Herausgeberin des „Frauenblatts“ wurde, des Presseorgans des Bundes, das als monatliche Beilage des „Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatts“ erschien. Es war dies die bedeutendste deutschsprachige Zeitung in Siebenbürgen, die zwischen 1874 und 1944 in Hermannstadt erschien. Sowohl innerhalb der „Arbeitsgemeinschaft“ als auch innerhalb des „Freien Sächsischen Frauenbunds“ wurden vielfältige Themen diskutiert, vom allgemeinen Wahlrecht in Ungarn bis zu den Problemen, mit denen die sächsische Gemeinschaft nach der Vereinigung Siebenbürgens mit dem Königreich Rumänien („Marea Unire“) konfrontiert war. Bei den meisten Themen handelte es sich jedoch um spezifische Probleme im Zusammenhang mit der Erziehung der Kinder und der Kriegswaisen, es ging um Kindergärten auf dem Land, um die der Evangelischen Kirche unterstehenden Schulen und Lehrgänge, Fragen des Lehrplans, der Organisation der Heimindustrie usw. Über diese Debatten wurden dann im „Frauenblatt“ berichtet, in der auch Artikel berühmter deutscher Feministinnen sowie pädagogische oder moralisierende literarische Texte zu finden waren.
Als Vertreterin der sächsischen Frauen nahm Lotte Binder an internationalen Konferenzen und Sitzungen in Wien, Genf und Dresden teil und auch an der vierten Weltkonferenz für Erziehungswesen vom 8. – 15. August 1927 in Locarno. Sie starb im Alter von 50 Jahren an den Folgen einer Blinddarmoperation in Hermannstadt.
Obwohl sie keine Wegbereiterin im eigentlichen Sinne war, sondern sowohl beruflich als auch politisch von den Ergebnissen des Kampfes ihrer Vorgängerinnen profitierte, hatte Lotte Binder eine bemerkenswerte Karriere, und sie fand nicht nur in der sächsischen Gemeinschaft, sondern auch international Anerkennung. Als Dank für ihre Verdienste errichtete der Freie Sächsische Frauenbund seiner ehemaligen Präsidentin im Jahre 1934 auf dem Hermannstädter Zentralfriedhof ein wunderschönes Grabmal, ausgeführt von der Kronstädter Bildhauerin Margarete Depner (1885–1970).
Lotte Binder (1880-1930) – ihr Grabmal auf dem Hermannstädter Zentralfriedhof, 1934 ausgeführt von Margarete Depner.
Erika Maria Paulas (1875-1961)
In Nummer 4 der Zeitschrift „Frauenleben“ erschien 1900 die Nachricht, dass die Frauenrechtlerinnen es als einen durchschlagenden Erfolg verbucht hätten, dass Erika Paulas in Budapest die Prüfung zur Architektin erfolgreich bestanden habe und damit die erste Architektin in Ungarn geworden sei. Wer war die 25jährige, die eine solche Leistung vollbracht hatte? Sie wurde 1875 in Zürich als Tochter des Architekten Josef Ernst Paulas geboren, der ab 1883 die Stellung eines Oberingenieurs der Stadt Bistritz innehatte, was etwa jener eines Chefarchitekten der Stadt entsprach. Die junge Frau besuchte die Schule in Bistritz und zeichnete sich dort durch ihr Talent im Zeichnen und in der Mathematik aus. 1892 wurde sie als Zeichnerin beim städtisches Ingenieuramt angestellt, wo sie in kurzer Zeit große Fortschritte machte, z B. indem sie die Pläne für einer Kaserne selbst erstellte. Sie kehrte nach Zürich zurück, wo sie am Polytechnischen Institut Bau- und Architekturkurse besuchte. Ausgestattet mit diesem Wissen arbeitete sie in mehreren Architekturbüros in Siebenbürgen und ließ sich 1895 in Klausenburg zur Maurermeisterin ausbilden. Unter ihrer Leitung wurden, wie der oben erwähnte Artikel zeigt, zwölf große Gebäude errichtet, wobei Erika den höchsten Abschluss in ihrem Fach, den einer Architektin, anstrebte. Mit der im April 1900 in Budapest abzulegenden Prüfung begab sie sich allerdings in ein frauenfeindliches Umfeld, das von beruflichem Neid geprägt war. Vor der Verteidigung reichten ihre künftigen Zunftkollegen einen Antrag beim zuständigen Ministerium ein und forderten, dass sie nicht zur Prüfung zugelassen werde. Die Kommission entschied jedoch anders: Unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Erfolge wurde sie sogar von der theoretischen Prüfung befreit und musste sich nur noch zur praktischen Prüfung stellen.
Das Jahr 1901 war für die junge Architektin ein glückliches Jahr , denn sie gewann den Wettbewerb für den Bau des Forstdirektionspalais in Bistritz, dem ersten von einer Frau erbauten öffentlichen Gebäude. Die Kosten für dieses imposante Bauwerk waren auf 150.000 Gulden geschätzt wordem. Das Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt hatte bereits im August 1900 über den Wettbewerb um das Palais in Bistritz berichtet und über die Schwierigkeiten, in denen sich das zuständige Ministerium befand, weil es sich nach der Ablehnung von Projekten mit zu hohen Kosten zwischen zwei Konkurrenten entscheiden musste, von denen einer qualifiziert war, aber eine Frau, die ihre berufliche Kompetenz wiederholt unter Beweis gestellt hatte, und der andere ein Mann, dem die erforderlichen Qualifikationen fehlten.
Bei einem weiteren Wettbewerb wurde Erika Paulas im Frühjahr 1901 mit einem Teil der Arbeiten für das neue reformierte Kollegiums in Klausenburg betraut. Wenig später erhielt sie auch den Auftrag zum Bau des neuen Krankenhauses in Mediasch. Aus einer Korrespondenz von Mediasch, veröffentlicht im Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt vom 12. März 1902, erfahren wir Folgendes: „Das neue Krankenhaus, das einzige größere Gebäude, das in den vergangenen, besonders schwierigen Jahren errichtet wurde, ist während der letzten Gemeindeversammlung am 6. dieses Monats der Stadt übergeben worden. Die Gesamtkosten des eigentlichen Baus samt Wasserleitung, Kanalisierung und Umfriedung, jedoch ohne Baugrund und innere Einrichtung beliefen sich laut vorliegender Abrechnung auf 62.488 Kronen 51 Heller. Der Primararzt Dr. S. Wilk, nahm seine Arbeit am 1. März auf und bis zum 5. März waren bereits 12 Patienten ins Krankenhaus eingeliefert worden.“ Der Name der Architektin wird nicht genannt, auch bei der nächsten Veranstaltung, der feierlichen Einweihung des Hauses, war sie nicht anwesend.
Das Mediascher Wochenblatt berichtet schließlich: „Durch eine einfache, aber würdige Feier wurde am letzten Sonntag (dem 8. Juni, Anm. d. A.) unser neuerbautes städtisches Krankenhaus, das nun schon seit mehreren Monaten in Betrieb ist, eingeweiht. An Hand der amtlichen Dokumente gab Bürgermeister Fr. Theil einen Überblick über die Entstehungs- und Baugeschichte des Krankenhauses, das er dann … der Obhut des Primararztes Dr. Wilk übergab. … Es folgte nun unter Führung Dr. Wilks die Besichtigung der Räumlichkeiten durch die anwesenden Stadtvertreter. … Aus der Besichtigung des Ganzen gewann man den Eindruck, daß hier ein Werk geschaffen worden sei, das auf der Höhe der Anforderung der Zeit stehend, eine Wohltat für unsere Stadt und ihre Umgebung sein werde.“
Der Neubau des Mediascher Krankenhauses, geplant von und errichtet unter der Leitung von Erika Paulas, wurde 1902 in Betrieb genommen
Erika Maria Paulas (1875-1961)
1902 heiratete Erika Paulas Politiker Rudolf Albert Schuller, einen der Mitglieder des Fünfer-Ausschusses des Deutsch-sächsischen Nationalrates und Hauptverfasser der Mediascher Anschlusserklärung vom 8. Januar 1919. Nach ihrer Heirat finden sich keine Nachrichten mehr über Erika Paulas als Architektin. Wie Lotte Binder engagierte sich auch Erika Schuller für Belange der Frauen. Von 1909 bis 1914 war sie Vorsitzende des Kinderschutzvereins in Hermannstadt. Nach der Übersiedlung der Familie nach Bistritz war sie im evangelischen Ortsfrauenverein tätig. 1930 regte sie die Gründung eines Bundes der Kinderlosen an. Die Mitglieder dieses Vereins sollten sich verpflichten, ihr Vermögen oder Teile davon an die evangelische Landeskirche zu spenden. Mit einem Teil dieses Geldes sollten kinderreiche Familien unterstützt werden
Ida Malvine Guggenberger (1881–1973)
Als die junge Witwe Ida Guggenberger geb. Dengel im Jahre 1912 das von 1899 bis 1911 von ihrem verstorbenen Ehemann Hans Guggenberger geführte Fotoatelier übernahm, war sie nicht gerade eine Vorreiterin auf dem Gebiet der Fotokunst in Siebenbürgen, aber sie war die erste Frau aus Mediasch, die ein solches Unternehmen leitete. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die Fotografie seit Anbeginn auch von Frauen erfolgreich praktiziert wurde. Eine der ersten Berufsfotografinnen aus Siebenbürgen war Camilla Asboth, die Nichte des berühmten Hermannstädter Fotografen Theodor Glatz, die 1871 das Atelier ihres Onkels erbte und weiterführte. Wahrscheinlich hatte Ida Guggenberger ihrem Mann bei der Arbeit im Atelier geholfen, so dass ihr sein Beruf da nicht völlig fremd sein konnte. Nach dessen Tod absolvierte sie eine einjährige Ausbildung bei dem damals berühmten Fotografen Hermann Clemens Kosel in Wien. 1914 lernte Ida während einer Ausbildung in München die Fotografin Jolan Mairovits, die Tochter eines Architekten aus Budapest kennen. Von ihrer ersten Begegnung im Jahre 1914 bis 1948 waren die beiden Frauen Geschäftspartnerinnen und gingen zusammen durch dick und dünn. Die Zeit von 1914 bis 1918 im gemeinsamen Atelier in Mediasch waren, bedingt durch den Krieg, nicht besonders spektakulär. Ein einziges Mal, kurz vor Weihnachten 1914, schalten sie eine Anzeige im Mediascher Wochenblatt, um daran zu erinnern, man möge rechtzeitig daran denken, Fotografien für die Männer im Felde machen zu lassen. Im Jahre 1918 verlegten sie ihr Atelier nach Hermannstadt, behielten aber eine Zweigstelle in Mediasch. Mit Inseraten in der Mediascher Zeitung sollte offenbar die Sorge zerstreut werden, dass das Atelier aufgegeben werden könnte. Wir erfahren, dass die Inhaberin jeden Sonntag anreiste, um selber zu fotografieren. Das sollte sie auch noch einige Jahre so beibehalten – zu Fasching, bei besonderen gesellschaftlichen Ereignissen und in der Vorweihnachtszeit kam sie in ihre Vaterstadt und stand hinter der Kamera im Atelier. Im Dezember 1928 wird Franz Sollich in einer Zeitungsanzeige erstmals als Geschäftsführer des Ateliers erwähnt. Irgendwann in der Folgezeit hat Sollich das Mediascher Atelier Guggenberger-Mairovits übernommen und bis zur Enteignung 1948 weitergeführt.
Ida Malvine Guggenberger (1881-1973)
Jolan Mairovits (1891-1972)
In einer Anzeige im Mediascher Wochenblatt vom 23. März 1912 teilt Ida Guggenberger mit, dass sie das Atelier ihres früh verstorbenen Gatten Hans Guggenberger selber führen werde.
Am 5. Dezember 1914 erinnert die Fotografin Ida Guggenberger potentielle Kunden daran, rechtzeitig Aufnahmen für ihre im Felde stehenden Angehörigen machen zu lassen.
In Hermannstadt praktizierten Ida Guggenberger und Jolan Mairovits die fotografische Porträtkunst auf eine moderne und innovative Weise. Das sprach sich offenbar schnell herum. Ab 1921 wurden sie wiederholt eingeladen, wichtige Momente im Leben der königlichen Familie im Bild festzuhalten. Nachdem ihr Atelier auf diese Art mehrmals Gelegenheit hatte, ihre Zuverlässigkeit und ihr Können unter Beweis zu stellen, erhielten seine Inhaberinnen 1923 den Titel „Hoffotograf“ (fotograf als Casei regale). Die Mediascher Zeitung schreibt am 5. Mai 1923: „Frau (!) Guggenberger-Mairovits, der Eigentümerin des hiesigen photographischen Kunstateliers, wurde … der Titel eines (!) Hofphotographen taxfrei verliehen. Wir freuen uns über diese schöne Auszeichnung, die unser heimisches Inatitut an allerhöchster Stelle gefunden hat.“ Das Siebenbürgisch – Deutsche Tageblatt berichtete in der Folgezeit stets mit unverhohlenem Stolz über die Reisen der beiden Damen nach Bran, Sinaia, Curtea de Argeș und Bukarest. Im Jahre 1932 wurde das Atelier nach Bukarest in die Calea Victoriei 39 verlegt, wo es zu einem der wichtigsten Fotostudios der Hauptstadt wurde, und die Beziehungen zur königlichen Familie wurden noch enger.
Das Krönungsbild der Königin Maria von Rumänien beweist die hohe Kunst der beiden Fotografinnen Ida Guggenberger und Jolan Mairovits, …
… die es allerdings verstanden, auch weniger prominente Persönlichkeiten glamourös in Szene zu setzen: Olga Conrad von Heydendorff geb. Buresch, aufgenommen in Bukarest, vermutlich in den frühen 1920er Jahren.
Nach dem Umzug nach Bukarest hörte das Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt allerdings auf, die Tätigkeit der beiden Profis zu verfolgen, die die Fotografie als Kunst praktizierten. Ab 1940 verzichtete Jolan Mairovits wegen ihrer jüdischen Herkunft darauf, ihren Namen im Titel der Firma zu nennen. Nach dem 23. August 1944 änderte sich die Situation zuungunsten von Ida Guggenberger, nun verschwand ihr Name. Nach der Verstaatlichung der Werkstatt im Jahr 1948 verließen die beiden Fotografinnen Rumänien endgültig. Ida Guggenberger verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Rimsting am Chiemsee, wo sie 1973 verstarb. Das weitere Schicksal von Jolan Mairovits ist nicht bekannt.
Die Lebenswege der vier hier vorgestellten Frauen sind beredte Beispiele dafür, wie die siebenbürgisch-sächsische Gesellschaft ab dem Anfang des 20. Jahrhunderts zu akzeptieren begann, dass Frauen einen Beruf erlernten und ausübten und dass sie sich in die öffentlichen Belange einbrachten.