Advent 2020

Advent, Weihnachten und Neujahr in der Evangelischen Kirchengemeinde Mediasch

von Hansotto Drotlof

Das Neue Jahr 2021 ist gekommen und tut, was neue Jahre gern tun: Voraneilen, eh´ man sich’s versieht. Da empfiehlt es sich, einmal kurz innezuhalten und zurück zu blicken – was war? Der kleine Rückblick hier gilt der Tätigkeit der Evangelischen Kirchengemeinde Mediasch im Monat Dezember 2020. Wir haben schon mehrfach darüber berichtet, wie die Menschen im und rund um den Mediascher Pfarrhof mit den Einschränkungen umgegangen sind, die ihnen die Covid19-Pandemie auferlegt hat. Wir haben die fünf Pfarrerinnen und Pfarrer, die den Kirchenbezirk betreuen, ihre Partner und Kinder, dazu die Organistin Edith Toth und, wenn er nicht grade als FSJler in Paraguay oder zum Studium in Leipzig weilt, ihr Sohn Raphael als eine große Familie wahrgenommen, die den Corona-Schutzkreis wirksam um sich herumgezogen haben und mit Elan und viel Phantasie daran gegangen sind, kirchliche Gemeinschaft zu halten trotz vorgeschriebener Abstände („social distancing“).

Das Jahr hindurch haben uns die Gottesdienste und Andachten aus unserer Heimatstadt getröstet und erfreut. Auch wenn sie kein Ersatz sein konnten für geplante Aufenthalte vor Ort, so haben wir Nähe und Zuwendung erfahren; und mancher, der 2020 ohnehin nicht nach Mediasch hatte fahren können oder wollen, konnte am Bildschirm in der Kirche, am Pfarrhof und einmal sogar am Kessler Reech beim Gotteslob dabei sein.

 

So kam die Adventszeit und mit ihr die Zeit des Jahres, in der in und um die Margarethenkirche besonders viel vorzubereiten ist, weil so viel geschehen wird. Traditionell erhalten die Gemeindeglieder am ersten Samstag im Dezember ein Lebensmittelpaket von der Kirchengemeinde geschenkt. Zucker, Öl, Kaffee, ein paar Süßigkeiten werden eingekauft und verpackt und können dann von den zu Beschenkenden abgeholt werden. Auch in diesem Jahr ging es (fast) wie immer ans Packen, lediglich die Masken wirken befremdlich auf den Bildern aus dem Gemeindehaus. 700 Päckchen waren es am Ende. Durch den „Lockdown“ kam aber die gewohnte Abholung nicht in Frage; die Päckchen mussten zu Hause überbracht werden. Eine interessante Erfahrung für die Schenkenden und die Beschenkten. Da steht plötzlich die Pfarrerin, der Pfarrer oder eine Angestellte oder ein Angestellter des Pfarramts mit der Lebensmitteltüte vor der Tür. Für viele eine Überraschung, auf jeden Fall eine Freude. Und es entspannen sich Gespräche, ergaben sich unverhoffte Einblicke in die Lebenswirklichkeit der Menschen, Adressen, Telefonnummern konnten ergänzt oder korrigiert werden; mit einem Wort, die Gemeinschaft war plötzlich um einige Facetten reicher geworden.

Zu Weihnachten werden und wurden aber auch die Kinder beschenkt, mit einem Päckchen, das Lebkuchen, Äpfel und Süßigkeiten enthält und bei der Weihnachtsfeier der Kinder am Tag vor Heilig Abend unter dem hell erleuchteten Christbaum verteilt wurde. Es ist nicht bekannt, wie lange dieser Brauch schon besteht, jedenfalls gab es ihn bereits in den frühen 1920er Jahren. In diesem Jahr, wo fast alles anders war als sonst, zeichnete sich schon früh ab, dass es die Christbescherung in der gewohnten Form nicht würde geben können. Vor allem war schon früh abzusehen, dass das traditionelle Backen der Lebkuchen im „Lockdown“ nicht möglich sein würde. Doch auch hier fand sich eine Lösung, die sich in der Rückschau zu einem besonderen Glücksfall entwickelte. Pfarrer Gerhard Servatius-Depner erzählt: „Eine Tages kam Adriana Müller und zeigte uns ganz begeistert einen ‚Bausatz‘ für Lebkuchenherzen, gekauft bei Lidl. Und unsere Tochter Katharina hatte die Idee, dass man allen Kindern in der Gemeinde einen solchen schenken könnte.“ Gesagt getan. In der Mediascher Kirchengemeinde leben 81 Kinder; doch Lidl Mediasch hatte lediglich 16 Häuschen auf Lager, Nachlieferung ungewiss. Man gab sich nicht geschlagen, telefonierte, setzte WAs und Tweets ab – und dann wurde eingekauft: in Freck, Blasendorf, Huedin, Großwadein … bis die 81 Päckchen zusammen kamen. Mit einem kleinen Anschreiben, in dem der Sinn dieser Aktion erklärt wurde, sind die Häuschen gleichzeitig mit den Lebensmittelpaketen übergeben worden. Jedes Kind sollte mit dem bunten Zuckerguss ein ganz eigenes Häuschen gestalten – und es wurde gebeten, ein Foto davon ins Pfarramt zu senden, denn damit plante man etwas ganz Besonderes. Was für einen Erfolg diese Geschenkaktion haben sollte, hatten sich ihre Initiatoren jedoch nicht vorstellen können: 50 Fotos wurden eingereicht, auf denen 50 kleine süße Kunstwerke und 50 glückliche Kindergesichter zu sehen waren. Pfarrer Servatius-Depner: „In einem ‚normalen Jahr‘ holen die Eltern, die die Absicht haben, mit ihren Kindern zur Christbescherung zu kommen, im Vorfeld einen Gutschein beim Pfarrhaus ab, mit dem die Kinder dann im Gottesdienst ein Päckchen einlösen können. Davon machen bei weitem nicht alle Eltern Gebrauch. In diesem Jahr haben wir jedem Kind ein Geschenk übereichen können. Wir sind sehr froh über das Mehr an Gemeinschaft, zu dem uns die Beschränkung auf diesem Weg verholfen hat.“

Im Gottesdienst am 23. Dezember wird in Mediasch traditionell ein Krippenspiel aufgeführt. Dies haben sich die Mediascher auch 2020 nicht nehmen lassen. Unter der Leitung von Edith Toth wurde die Weihnachtsgeschichte von Carl Orff einstudiert. Die Proben begannen zu einem Zeitpunkt, wo Kirchenbesuch wegen des Infektionsgeschehens nicht erlaubt war und es gar nicht sicher war, ob es zu der Aufführung des Krippenspiels kommen werde. Der Optimismus hat sich am Ende gelohnt. Zum 4. Advent bereits wurden die Beschränkungen auf Grund zurückgehender Infektionszahlen gelockert, so dass die Gemeinde am 23. Dezember den Weihnachtsgottesdienst der Kinder zusammen in der Kirche feiern konnte. Das Krippenspiel wurde aufgezeichnet und ist als Video zu sehen; am Ende dieses kleinen Films zeigen übrigens einige der kleinen Bäckerinnen und Dekorateure ihre Lebkuchenhäuschen:

https://www.youtube.com/watch?v=FZ9IQpYOkSU&t=87s

Doch hier sind wir in unserem Bericht über die Adventszeit in Mediasch etwas weit nach vorne gesprungen. Was gab es denn sonst noch?

Für die ersten drei Adventstage stellten die Mediascher je einen aufgezeichneten Gottesdienst in dem seit dem Sommer bekannten Format (Dauer 30 Minuten) auf dem Youtube Kanal „Evang. Kirche Mediasch-Biserica Sf. Margareta“ ein:(https://www.youtube.com/channel/UCM9npwiv4bRkmoHYGOkt18g) ein.

Es predigten am 1. Advent (29. November) Pfarrer Gerhard Servatius-Depner (https://www.youtube.com/watch?v=EVgVlaPptNc&t=1080s), am 2. Advent (6. Dezember) Pfarrer Ulf Ziegler (https://www.youtube.com/watch?v=NZ9lZScv7B4) und am 3. Advent (13. Dezember) Pfarrerin Bettina Kenst (https://www.youtube.com/watch?v=o19G-TaFPO4).

Am 4. Advent (20.Dezember) wurde schließlich ein großer Gottesdienst abgehalten, organisiert von der Evangelischen Landeskirche AB in Rumänien und dem Verband der Heimatortsgemeinschaften, ein Gottesdienst, an dem sich über Zoom 100 auswärtige Gläubige zuschalten ließen und der über Facebook live in die ganze Welt gesendet wurde. (https://www.youtube.com/watch?v=abinuovfguY)

Der Predigttext, Gottes Verheißung an Abraham und Sarah (1. Mose 18, 1-15), gewann in der Auslegung von Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner in diesem „Corona-Advent“ 2021 eine zusätzliche Dimension. „Die größten Überraschungen erlebt man dort, wo man sie am wenigsten erwartet, wo man vielleicht keine Hoffnung mehr auf ein gutes Ende hat, wo sich Angst wie ein Schatten auf unser Leben legt. Kann da noch eine Veränderung geschehen, ist da noch Platz für eine Überraschung?“, fragt sie sich zu Anfang. Wie Sarah im Alten Testament so erhält auch Maria eine unglaubliche Verheißung. Pfarrerin Servatius-Depner fasst die Botschaft rund um das weihnachtliche Heilsgeschehen in diese Worte: „Wenn Gott so überraschend, unangemeldet und unerkannt ankommt, hat es etwas mit Zukunft zu tun, dann hat er etwas mit dir vor, dann traut er dir etwas zu.“ Der russische Ikonenmaler Andrej Rubljow schuf in seiner Dreifaltigkeitsikone im Jahre 1411 ein ausdrucksvolles Bild der Trinität, die um einen Tisch versammelt ist und vorne einen Platz frei hält für den hinzutretenden Betrachter. Die frohe Botschaft lautet also: „Keiner ist zu alt, keiner ist zu jung für Gottes Einladung und seinen Auftrag. In der Begegnung mit Gott kann Hoffnung wieder aufkeimen, neues Leben kann entstehen. Gott lädt uns ein – und für jeden ist ein Platz an seinem Tisch frei.“

Eine ausführliche Besprechung des Gottesdienstes erschien in der Siebenbürgischen Zeitung und kann online hier nachgelesen werden:

https://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/rumaenien/21521-licht-in-der-nacht.html

Seit über 25 Jahren besteht die Tradition des Ökumenischen Weihnachtskonzerts in der Margarethenkirche. Musiker der verschiedenen christlichen Konfessionen kommen in unserer Kirche zum Gotteslob zusammen. Auch diese schöne Tradition war von den Corona-Beschränkungen betroffen, doch wollte man in Mediasch auch darauf nicht ganz verzichten.  Es wurde ein Mitschnitt älterer Aufnahmen zusammengestellt, begleitet von den Worten von Pfarrer Servatius-Depner, der als Gastgeber durch das Konzert führte. Auch dies kann auf dem YouTube-Kanal der evangelischen Kirche angehört werden (https://www.youtube.com/watch?v=K4AJrRYwp30).

Zum Heiligen Abend schließlich gab es auch eine Premiere: „Chrästdaoch ä Medwesch“ – ein besinnlich bis heiterer Beitrag mit Gedichten und einem Lied, alle in unserer vertrauten Mundart vorgetragen: Zunächst las Hansotto Drotloff sechs Strophen aus „Der HeliĒ Chräst“ von Viktor Kästner, dem Mundartdichter des 19. Jahrhunderts aus Freck. Das Gedicht steht in Mediasch in einer jahrzehntelangen Tradition, wurde es schließlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts regelmäßig in der Weihnachtsfeier der Volksschule vorgetragen. Es folgte ein sächsisches Weihnachtslied „Maria und Josef dä weģen är Kängd“, komponiert von Ernst Helmut Chrestel, vorgetragen von Edith Toth, und danach das Gedicht „Chrästbeschiërung än Medwesch 1982“ von Herbert Drotloff, das die Vorbereitungen für das Backen, das Backen selbst und den Zauber der Christbescherung der Kinder in lebendigen Bildern festhält. Die Segenswünsche zu Weihnachten sprach – ebenfalls in sächsischer Sprache – Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner. Es soll an dieser Stelle nicht unbescheiden klingen – aber die Tatsache, dass dieser sächsische Weihnachtsgruß inzwischen weit über 4000 Aufrufe hatte, macht wohl deutlich, wie tief verwurzelt in uns allen der Klang der Muttersprache ist, derjenigen, mit der wir aufgewachsen sind. Nachzuhören ist es hier

https://www.youtube.com/watch?v=DdjNAHUgal8&t=4s

Das Kalenderjahr in und rund um die Mediascher Margarethenkirche klang aus mit einem Neujahrgruß, zu dem Edith Toth, begleitet von ihrem Sohn Raphael, das bewegende Lied nach einem Gedicht von Dietrich Bonhoeffer vortrug „Von guten Mächten wunderbar geborgen.“ Eine geistliche Ansprache von Pfarrer Gerhard Servatius-Depner, den guten Wünschen des Presbyteriums, vorgetragen von Kurator Dieter Scharmüller und den Fürbitten aller kirchlichen Angestellten klang auch dieser letzte Tag des Jahres 2020 aus. https://www.youtube.com/watch?v=BeX3bvSMoLg&t=16s

An dieser Stelle sei nochmal allen Dank gesagt, die uns mit den virtuellen Gaben aus Mediasch so reich beschenkt haben: allen voran den fünf Pfarrerinnen und Pfarrern des Mediascher Kirchenbezirks, Wolfgang Arvay, Bettina Kenst, Hildegard und Gerhard Servatius-Depner und Ulf Ziegler, den Organistinnen Liv Müller aus Birthälm und in ganz besonderem Maße Edith Toth aus Mediasch, die auch den gemischten Chor leitet, eine bunte Gruppe von Musikern – Kinder, Jugendliche und Junggebliebene im Alter von 7 bis 70 Jahren, und nicht zuletzt Bent Kosler, dem FSJler aus der Partnergemeinde in Berlin-Friedrichshagen. Wir lassen uns gerne auch in 2021 von ihnen allen überraschen und beschenken.